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100 Jahre moderne Nasenchirurgie
Teil 1: Das große Zeitalter der Medizin in Berlin Veröffentlicht in HNO aktuell 12: 237-240 (2004) |
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Berlin entwickelte sich im 19. und 20. Jahrhundert zu einem Weltzentrum der Medizin. Das war besonders dem Wirken Rudolf Virchows zu verdanken, der mit seiner Zellularpathologie eine neue Epoche der wissenschaftlichen Medizin eröffnete. Sie ist noch immer Voraussetzung für jede Operation. Virchow forderte, daß zuerst erkundet werden müsse, ob und wie eine Therapie wirke, bevor man den Patienten damit belaste. Die Frage ist heute so aktuell wie vor über hundert Jahren: evidence based medicine! | |||||||||||||||||
Wegbereiter der plastischen Chirurgie: von Graefe, Dieffenbach, von Bergmann
Forscher und Ärzte, wie z. B. Robert Koch (1843-1910), Emil Du Bois-Reymond (1818-1896), Paul Ehrlich (1854-1915) oder Emil von Behring (1854-1917) waren herausragende Persönlichkeiten dieser Ära, die den Ruf der Berliner Medizin und der Charité prägten. |
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Die Anfänge der Charité: Hospital für Arme und Lehranstalt für Studierende Die Geschichte der Charité geht auf die große schlesische Pestepidemie des Jahres 1709 zurück. Damals erließ Friedrich I., König in Preußen, ein „Pestreglement“, nach welchem der Pestgefahr mit der Errichtung eines Pesthauses außerhalb der Stadt begegnet werden solle. 1710 wurde daher am Rande Berlins ein solches Pesthaus zur Isolierung der Kranken errichtet. Die Pest erreichte Berlin jedoch nicht, und so wurde das Haus in ein Bürgerlazarett für Arme umgewidmet. „Es soll das Haus die Charité heißen“, so bestimmte es der Sohn Friedrichs I., König Friedrich Wilhelm I, der von 1713 an in Preußen regierte. |
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Das 1709 errichtete Pesthaus wurde in ein Bürgerlazarett umgewidmet und dann „Charité“ genannt. |
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Die Charité blieb trotz einer für damalige Verhältnisse vorbildlichen organisatorischen und ökonomischen Struktur und vielfältiger Ausbildungs- und Lehraufgaben bis in das 19. Jahrhundert das, was sie ursprünglich war ein Spital für Arme. Dieser eigentümliche Dualismus war aber auch Grundlage für die Entwicklung ihres hohen wissenschaftlichen und ethischen Niveaus. Und sie verankerte sich damit tief im Bewußtsein der Bevölkerung als letzte heilende Instanz: “... da kann nur noch die Charité helfen!”, so war es bei schwerwiegenden Erkrankungen immer wieder zu hören. | |||||||||||||||||
Chr. W. Hufeland: „Erster Arzt der Charité“ und erster Dekan der Medizinischen Fakultät Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) fühlte sich den Prinzipien des Altruismus und der Aufklärung verpflichtet und gehört zu den populärsten Gestalten der deutschen Medizingeschichte. Er nahm 1780 sein Medizinstudium in Jena auf, promovierte 1783 in Göttingen. Danach übernahm er die Praxis seines Vaters in Weimar, lernte dort unter anderem auch Goethe kennen und wirkte als dessen Arzt. Im Jahr 1800 wurde er nach Berlin berufen und war dort „Erster Arzt der Charité“ und Direktor des bereits 1724 gegründeten Collegium medico-chirurgicum. Bereits 1799 hatte er sich über die Aufgaben einer Klinik folgendermaßen geäußert: „Es kommt hierbey alles auf die Bestimmung und den Zweck solcher Anstalten an, und dieser ist dreifach: Hülfe des ärmeren oder verlassenen Kranken Vervollkommnung der Heilkunst durch genauere Beobachtung und unter Aufsicht angestellte Versuche und Bildung der Wundärzte zum practischen Heilgeschäft“. |
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Chrisoph Wilhelm Hufeland (1762-1836) und Rudolf Virchow (1821-1902) | |||||||||||||||||
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Die Inschrift über dem Eingang zum Collegium medico-chirurgicum | |||||||||||||||||
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Carl Ferdinand von Graefe: Erster Ordinarius des klinisch-chirurgisch-augenärztlichen Instituts Carl Ferdinand von Graefe (1787- 1840) begann seine Ausbildung früh und wurde bereits 1807 in Leipzig zum „Doktor der Heilkunde und Wundarzneikunst“. Er arbeitete einige Jahre als Leibarzt des Herzogs von Anhalt-Bernburg und als Leiter des Medizinalwesens in diesem Herzogtum und wurde 1810 mit nur 23 Jahren von Wilhelm von Humboldt als erster Ordinarius des klinisch-chirurgisch-augenärztlichen Instituts der gerade begründeten Universität nach Berlin berufen. Er war ein geschickter Chirurg. Ein Schüler, L. Stromeyer, schrieb später über ihn: „... Sein Vortrag war klar und verständlich, seine operative Geschicklichkeit eminent. Er besaß den Willen und die Fähigkeit ein guter Lehrer zu sein. Ich habe in den beiden Semestern, in welchen ich seine Klinik besucht, nichts von ihm gesehen, was er nicht vor Gott und den Menschen hätte rechtfertigen können. Er suchte die Diagnose soviel als möglich fest-zustellen, ehe er operierte, und wandte alles an, um den Erfolg sicherzustellen. Er war in allem exakt ...”. Graefe zeigte besonderes Interesse an plastischer Gesichts- und Kieferchirurgie. Im Jahre 1816 gelang ihm erstmals der Verschluß einer Gaumenspalte. Für den autoplastischen Nasenersatz griff er die indische und die italienische Technik auf und entwickelte sie weiter. Er korrigierte erfolgreich zahlreiche Entstellungen im Gesicht, insbesondere an Lippen, Augenlidern, Wangen und Nase. |
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Die Charité im Jahre 1833 | |||||||||||||||||
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Carl Ferdinand von Graefe (1787-1840) und Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847) | |||||||||||||||||
Johann Friedrich Dieffenbach: „...macht die Nas’ und Ohren neu“
Johann Friedrich Dieffenbach (1792-1847), in Königsberg geboren, nahm nach seiner Schulzeit 1812 zunächst ein Studium der Theologie auf. 1816 jedoch entschied er sich geprägt von den Ereignissen des Krieges 1813/1814, an dem er freiwillig teilgenommen hatte Medizin zu studieren und immatrikulierte sich an der Königsberger Universität. 1820 verließ er Königsberg und setzte sein Studium in Bonn, Paris und Mont-pellier fort. 1822 promovierte er in Würzburg mit einer Dissertation unter dem Titel „Nonnulla de transplantatione et de regeneratione“ zum Doktor der Medizin. Im Jahr darauf ließ er sich in Berlin nieder und gründete dort eine Praxis. 1829 wurde Dieffenbach „dirigierender Arzt“ der chirurgischen Abteilung der Charité, drei Jahre später zum außerordentlichen Professor ernannt. Als im Sommer 1840 C. F. v. Graefe starb, wurde er dessen Nachfolger. Durch diesen für die plastische Gesichtschirurgie begeistert, widmete er sich der Weiterentwicklung plastischer Operationen. Pionierleistungen vollbrachte er in der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten-Chirurgie und der Blepharoplastik, ebenso intensiv beschäftigte er sich auch mit der Tenotomie beim Klumpfuß und mit den Schieloperationen. „Wer kennt nicht Doktor Dieffenbach Dieffenbachs Nachfolger in der Charité wurde im Jahr 1848 Bernhard von Langenbeck (1810-1887), gleichfalls ein erfahrener plastischer Chirurg. |
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Allgemeinnarkose und Asepsis fördern die Chirurgie
Im Jahre 1846 begann die Entwicklung der Allgemeinnarkose, die fortan ein schmerzloses Operieren ermöglichte. 1847 erschien J. F. Dieffenbachs Buch „Der Äther gegen den Schmerz“. Dieffenbach ist von der Möglichkeit einer schmerzlosen Operation begeistert: „Der wunderbare Traum, daß der Schmerz von uns genommen würde, ist Wirklichkeit geworden. Schmerz, die höchste Bewußtheit irdischer Existenz, die klarste Wahrnehmung der Unvollkommenheit unseres Körpers, muß sich vor der Macht des menschlichen Geistes beugen, vor der Macht des Äther-Dampfes.” |
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Robert Koch (1843-1910) und Ernst von Bergmann (1836-1907) |
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Ernst von Bergmann: Führte Asepsis in die Chirurgie ein
Der aus Riga stammende Ernst von Bergmann (1836 - 1907) studierte in Dorpat, im heutigen Estland gelegen, Medizin und war danach in Dorpat und in Würzburg tätig. Im Jahr 1882 wurde er als Nachfolger des emeritierten Bernhard von Langenbeck auf den Lehrstuhl für Chirurgie und als Leiter der chirurgischen Abteilung an die Charité berufen. Bergmann einer der bedeutendsten Chirurgen seiner Zeit führte das Prinzip der Asepsis in die Chirurgie ein. Seine Forderung war, daß alles, was mit dem Operationsfeld speziell mit der Wunde Kontakt hat, unbedingt und absolut keimfrei sein müsse. E. v. Bergmann blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1907 an der Charité tätig. Sein Nachfolger war August Bier (1861-1949). Wird fortgesetzt mit Teil 2: „Das Wirken von Jacques Joseph in Berlin“. |
Literatur beim Verfasser. Korrespondenzadresse: |
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